Ein Gesicht der Fahrradwerkstatt

Das Werkzeug klirrt auf dem Tisch, Frank (48) wirkt zufrieden mit seinem Werk. Doch bevor er das Rad an die Kundin zurückgibt, muss er noch eine Probefahrt machen. Das macht er mit allen reparierten Rädern. Seit 2017 ist er Teil des Teams und hat über die Zeit immer mehr dazugelernt.

„Am Anfang wusste ich vielleicht 30 Prozent darüber, wie ich mein eigenes Fahrrad repariere“ sagt er, mittlerweile seien es E-Bikes, über deren Reparatur er noch dazulernen wolle. Alle anderen Rädertypen und nötigen Reparaturen habe er in den letzten Jahren kennengelernt und sukzessive seine Kenntnisse erweitert. Mit der Unterstützung seines Fachanleiters in der Fahrradwerkstatt, Manuel Alhambra, der Verantwortung immer weiter abgegeben hat, hat sich Frank entwickelt, sagt er selbst. Frank habe die Kenntnisse eines Fahrradmonteurhelfers und könne sich damit auf dem ersten Arbeitsmarkt bewerben, so Alhambra. Aber auch das Coaching, was ihm in der so genannten 16i-Maßnahme zur Seite steht, habe geholfen.


Frank (48) verheirateter Vater von drei Kindern hat einen Hauptschulabschluss und dann eine Lehre zum Bäcker gemacht. Das war 1992. Nachdem er anschließend zum Wehrdienst eingezogen wurde, wartete zuhause die Kündigung der Bäckerei auf ihn. In den folgenden Jahren war Frank arbeitslos, zwischenzeitlich Gerüstbauer, kurz auch nochmal Bäcker. 2004 kam er das erste Mal im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in die Jugendwerkstatt. Zwei Jahre war er Teil des Kaufhaus-Teams, dann endete die Maßnahme. Es folgte erneut Arbeitslosigkeit, dann eine einjährige Weiterbildung für Lagerlogistik. Frank wurde krank und ist seitdem geringer belastbar. Der erste Arbeitsmarkt wurde damit für ihn schwerer erreichbar.
In Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (AGH) gemäß § 16d SGB II kam er 2010 erneut ins Kaufhaus. Doch die auf sechs Monate befristete Maßnahme konnte nicht mehr verlängert werden. Wieder wurde er arbeitslos. Frank erfuhr von der sozialen Teilhabe und machte sich beim Jobcenter darüber kundig. Aus dieser konnte er dann im Jahr 2019 in die öffentlich geförderte Beschäftigung nach § 16iSGB II einmünden. „Eine tolle Chance“, beschreibt Frank das Gefühl. Das Handwerkliche habe ihm immer gelegen und die Arbeit mit den Händen mehr Freude bereitet, als theoretisch zu lernen. Mit dieser Stelle habe er die Möglichkeit bekommen länger an einem Arbeitsort zu bleiben.


Die bis dato auf kurze Zeiträume befristeten hatten dem Familienvater zu schaffen gemacht. Dass die 16i-Maßnahme auf einen Zeitraum von fünf Jahren angelegt ist, hält er für sinnvoll und hilfreich. Ein Zeitraum, der ihm Planungssicherheit gibt, die er zuvor nicht hatte, sagt Frank. Das Gefühl nicht regelmäßig um die Verlängerung der Maßnahme zu bangen gebe im Sicherheit, die er auch an seine Familie weitergeben konnte. Auch seine Frau hat mittlerweile eine feste Anstellung gefunden und gemeinsam haben sie den Sohn bewogen statt einer zweijährigen eine dreijährige Ausbildung zu machen. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und seinen Erfahrungsschatz, den gibt Frank hier weiter und hat es selbst über die letzten Jahre immer wieder gespiegelt bekommen. Frank gilt als Ansprechpartner in der Fahrradwerkstatt. Er begegnet den Kund*innen auf Augenhöhe und sagt selbst, dass die Maßnahme durch ihre „Langlebigkeit“ bei ihm zu „mentalen Verbesserungen“ geführt habe. Auch seine körperliche Belastbarkeit habe sich in der bisherigen Zeit deutlich verbessert und die unterstützende Beratung in Form eines begleitenden Coachings habe ihm immer wieder weitergeholfen. Ob nun bei Themen, die die Arbeit oder eben das Private betreffen.


Die erlernten Kompetenzen will er jetzt nutzen, um sich auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bewerben. Die Förderung der Maßnahme bis 2022 kann ein Anreiz für Arbeitgeber*innen sein, Menschen einzustellen. Für Frank bedeutet die Länge der Maßnahme, dass er Zeit hat(te) sich in der Jugendwerkstatt zu entwickeln und Sicherheit dazuzugewinnen. Die Möglichkeit einen weichen, geförderten Übergang in den ersten Arbeitsmarkt nutzen zu können, scheint ihn zu beruhigen. „Finde ich dieses Jahr eine Stelle, läuft die Förderung noch ein weiteres Jahr und ich habe wieder genug Zeit mich an die veränderten Bedingungen zu gewöhnen und mich dann auf dem ersten Arbeitsmarkt umzuschauen.“ Frank hat Fuß gefasst und wirkt angekommen – ein Gesicht der Fahrradwerkstatt und damit ein Gesicht der Jugendwerkstatt.